Die systemische Therapie hat seit Ihrer Entstehung verschiedene Strömungen und Ansätze ausgebildet und ist keine homogene therapeutische Schule.
Was ist ein Problem?
Das Systemische Arbeiten bedeutet für mich eine grundsätzliche Haltung von Neugier und Nichtwissen sowie eine Haltung, dass es grundsätzlich keine „Probleme“ an sich gibt, sondern sie erst dann existieren, wenn jemand etwas als Problem definiert. Häufig etabliert sich um das Problem eine bestimmte Art der Kommunikation und Interaktion aller Beteiligten, die problemstabilsierend wirkt. Sie trägt nicht dazu bei eine andere (lösungsorientierte) Art des Denkens, Fühlens, Sprechens und Handelns bezüglich „des Problems“ hervorzubringen.
Die systemische Therapie setzt hier an. Erstens gehe ich davon aus, dass ein als problematisch markiertes Verhalten häufig eine bestimmte Funktion, also einen Sinn erfüllt bzw. in der Vergangenheit erfüllt hat, dem es auf die Spur zu kommen gilt. Dies gilt auch für unerwünscht erlebte Symptome z.B. im Bereich der Sexualität. Zweitens ist es sinnvoll „das Problem“ nicht als in einer Person liegend zu begreifen, sondern als etwas, das sich in Beziehungen erst konstelliert. Das Problem wird somit abhängig vom Kontext beschrieben, in dem es stattfindet, und auch mögliche Lösungen werden kontextabhängig gedacht.
Glaubenssätze und Narrative erschaffen unsere Wirklichkeit
Weiterhin ist mir ein mehrgenerationaler oder auch biographischer Blick auf die Themen in der Therapie wichtig. Das bedeutet die Erkundung dessen, was der/die Einzelne oder die Partner*innen mitbringen an Überzeugungen, Normen und Vorstellungen über Beziehungen, Liebe und auch Sexualität. Unsere Herkunftsfamilie und alle unsere bisher gemachten Erfahrungen prägen, was wir uns vorstellen unter einer „guten Beziehung“ oder „normaler Sexualität“, auch in der Abgrenzung davon. Oft sind wir uns nicht bewusst darüber, dass dies mögliche Sichtweisen und etablierte Narrative sind, die wir einnehmen und erzählen können, nicht aber allgemeingültige Wahrheiten. Diese Verwechslung kann zu leidvollen Erlebensweisen führen.
Besinnen auf die eigenen Optionen
Eine andere Facette des systemischen Arbeitens ist das Akzeptieren von Restriktionen im Leben eines jeden Menschen. Ich meine damit, die Begrenztheit des eigenen Einflussbereichs auf andere Menschen anzuerkennen. Das bedeutet anzuerkennen, dass die Umwelt oder der/die Partner*in nicht wunschgemäß verändert werden können, auch nicht durch hartnäckige und langwierige Versuche. In dieser Erkenntnis steckt die Chance, die Hoffnung aufzugeben, dass die/der andere oder die Umwelt sich verändern werden und stattdessen anzufangen sich zu fragen an welchen Stellen man selbst etwas verändern kann, um einem gewünschten Ziel näherzukommen oder einen unbefriedigenden Zustand zu unterbrechen.
Auch für mich als Therapeutin gilt es zu respektieren, dass auch ich keine zielgerichteten Veränderungen bei Klient*innen auslösen kann, sondern bestenfalls dafür sorgen kann, durch Fragen, Interventionen oder Übungen etwas anzustoßen, was Klient*innen in die Lage versetzt selbst Veränderungen herzustellen.